(1) | Über die Übergabe entscheidet nach dem Abschluss der vorläufigen Aufklärung auf Antrag des Staatsanwaltes in öffentlicher Sitzung das zuständige Gericht. Auf Ersuchen des Organs des Ausstellungsstaates, der den Europäischen Haftbefehl erlassen hat, ist die gesuchte Person vom Gericht in öffentlicher Sitzung unter Berücksichtigung der mit dem Organ des Ausstellungsstaates vereinbarten Bedingungen zu vernehmen. Über geplante Übergabe informiert das Gericht zuständige Einheit der Polizei der Tschechischen Republik, damit in gesetzter Frist die Übergabe der Person erfolgt. |
(2) | Auf Ersuchen des Organs des Ausstellungsstaates, der den Europäischen Haftbefehl erlassen hat, gestattet das Gericht die Anwesenheit der Vertreter dieses ausländischen Organs an der öffentlichen Sitzung. In Bezug auf die Möglichkeit ergänzende Fragen vom Vertreter dieses Organs an die zu vernehmende Person zu stellen, gilt die Bestimmung von § 432 Abs. 4 angemessen. |
(3) | Wenn das zuständige Gericht entscheidet, dass die gesuchte Person nicht zu übergeben ist, und die gesuchte Person in Haft ist, entscheidet es zugleich über ihre Freilassung, soweit es sich um keinen in Absatz 6 Buchst. e) geregelten Fall handelt oder der Freiheitsbeschränkung dieser Person kein anderer gesetzlicher Grund zugrunde liegt. |
(4) | Entscheidet das zuständige Gericht darüber, dass die gesuchte Person zu übergeben ist, ist die gesuchte Person in Übergabehaft zu nehmen, soweit das Gericht es schon nicht nach § 410 getan hat. Das Gericht ist auf die in § 67 genannten Haftgründe nicht gebunden. Soweit der Beschuldigte schon zum Zeitpunkt der Entscheidung nach Absatz 1 in vorläufiger Haft nach § 410 war, beschließt das Gericht den Übergang dieser Haft in Übergabehaft. Auf die Übergabehaft ist § 397 angemessen in Anwendung zu bringen. |
(5) | Gegen die Entscheidung nach Absatz 1,3 und 4 ist die Beschwerde zulässig, die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung nur gegen Entscheidung nach Absatz 1 und 3. Gegen die Entscheidung über die Entlassung der gesuchten Person aus der Haft hat vom Staatsanwalt eingelegte Beschwerde aufschiebende Wirkung nur dann, wenn diese sofort nach Verkündung der Entscheidung eingelegt worden ist. |
(6) | Das Gericht lehnt die Übergabe der gesuchten Person nur in dem Fall ab, a) | wenn die Handlung nach dem Recht der beiden Staaten keine Straftat darstellt, soweit es sich nicht um die Handlung nach § 412 handelt; in Steuer-, Abgaben-, Zoll- und Währungsangelegenheiten kann die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls nicht aus dem Grund abgelehnt werden, dass die Rechtsvorschriften der Tschechischen Republik keine gleichartigen Steuern, Abgaben oder Zoll vorschreiben oder keine gleichartigen Steuern-, Abgaben-, Zölle- und Währungsbestimmungen enthalten wie die Rechtsvorschriften des Ausstellungsstaates, | b) | wenn die Straftat wegen der der Europäische Haftbefehl ergangen ist unter eine in der Tschechischen Republik verkündete Amnestie fällt, oder die Strafverfolgungsverjährung oder Strafvollstreckungsverjährung in der Tschechischen Republik eingetreten ist und hinsichtlich der Verfolgung dieser Straftat die Gerichtsbarkeit der Tschechischen Republik nach ihrem eigenen Strafrecht besteht, | c) | wenn die gesuchte Person in der Tschechischen Republik oder in einem ausländischen Staat wegen derselben Handlung schon rechtskräftig verurteilt und die Strafe bereits vollstreckt worden ist oder gerade vollstreckt wird oder nicht mehr vollstreckt werden kann oder das Strafverfahren in der Tschechischen Republik oder in einem anderen Mitgliedstaat durch eine rechtskräftige Entscheidung abgeschlossen worden ist, vorausgesetzt, dass solche Entscheidungen in einem vom Gesetz vorgeschriebenen Verfahren nicht aufgehoben worden sind, | d) | wenn die gesuchte Person in der Tschechischen Republik, gegen die der Europäische Haftbefehl ergangen ist, wegen derselben Handlung strafrechtlich verfolgt wird, mit Ausnahme der Fälle, wo unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Verübung der Straftat Vorzug der Durchführung der Strafverfolgung im ersuchenden Staat aus Gründen der ordentlichen Feststellung des Sachverhaltes und aus Gründen, die sich auf Strafmaß oder deren Vollzug beziehen, zu geben ist, | e) | wenn diese Person ein Staatsangehöriger der Tschechischen Republik ist oder in der Tschechischen Republik ihren ständigen Aufenthalt hat und um ihre Übergabe zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder zur Vollstreckung einer vorbeugenden therapeutischen Behandlung oder Zwangserziehung ersucht wird und diese Person vor dem zuständigen Gericht zu Protokoll erklärt, dass sie ablehnt, sich der Vollstreckung dieser Strafe oder der Schutzmaßnahme im Ausstellungsstaat zu unterwerfen; diese Erklärung kann nicht widerrufen werden. |
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(7) | Wenn ein Staatsangehöriger der Tschechischen Republik oder eine Person, die ihren ständigen Aufenthalt in der Tschechischen Republik hat, dem Ausstellungsstaat zur Strafverfolgung übergeben wird, knüpft das Gericht die Übergabe an die Bedingung an, dass diese Person zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer vorbeugenden therapeutischen Behandlung oder einer Zwangserziehung an die Tschechische Republik rücküberstellt wird, soweit über sie solche Art der Strafe verhängt oder über sie solche Schutzmaßnahme angeordnet werden wird und diese Person nach Urteilsverkündung in dem Ausstellungsstaat keine Zustimmungserklärung zur Vollstreckung der Strafe oder Schutzmaßnahme im Ausstellungsstaat abgibt. Auf diese Weise handelt das Gericht nur in dem Fall, wenn der Ausstellungsstaat Garantie geleistet hat, dass er diese Person an die Tschechische Republik zur Vollstreckung der Strafe oder Schutzmaßnahme rücküberstellt. Leistet der Ausstellungsstaat keine Garantie, lehnt das Gericht die Übergabe der gesuchten Person ab. |
(8) | Wird dem Ausstellungsstaat eine Person zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer Schutzmaßnahme übergeben, die durch eine Abwesenheitsentscheidung verhängt oder angeordnet worden sind und diese Person vorschriftsmäßig über den Termin und den Ort der Verhandlung nicht unterrichtet wurde, knüpft das Gericht die Übergabe an die Bedingung an, dass der Ausstellungsstaat dieser Person das Recht einräumt, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu beantragen und ihr ermöglicht, bei der Gerichtsverhandlung anwesend zu sein. |
(9) | Wird dem Ausstellungsstaat eine Person übergeben, über die in einem Strafverfahren auf dem Hoheitsgebiet der Tschechischen Republik eine Freiheitsstrafe verhängt worden ist, knüpft das Gericht die Übergabe an die Bedingung an, dass diese Person zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder deren Restes unter festzusetzender angemessener Frist rücküberstellt werden wird. Diese Frist darf nicht länger sein, als die Dauer der noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe oder deren Teiles. Die Dauer einer im Ausstellungsstaat erlittenen Haft auf Grund dieses Europäischen Haftbefehls ist nach Rücküberstellung dieser Person in das Hoheitsgebiet der Tschechischen Republik auf die noch zu vollstreckende Freiheitsstrafe oder deren Teil anzurechnen. |
(10) | Das Gericht entscheidet über die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls innert von 60 Tagen nach der Festnahme der gesuchten Person. Die Gerichtsentscheidung ist unverzüglich dem zuständigen Organ des Ausstellungsstaates und dem Polizeipräsidium der Tschechischen Republik, und im Nachhinein auch dem Justizministerium bekannt zu geben. Wenn es zur Übergabe kommt, teilt das Gericht dem zuständigen Organ des Ausstellungsstaates die Dauer der im Verlauf des Übergabeverfahrens auf dem Hoheitsgebiet der Tschechischen Republik erlittenen Haft mit. Lehnt das Gericht die Übergabe nach Absatz 3 ab, teilt es dem Organ des Ausstellungsstaates die Gründe dieser Ablehnung mit. |
(11) | Kann das Gericht in einem Sonderfall innerhalb der in Absatz 10 vorgesehenen Frist nicht entscheiden, entscheidet das Gericht über die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls in einer um weitere 30 Tage verlängerten Frist. Das Organ des Ausstellungsstaates ist von diesem Umstand und von jeweiligen Gründen in Kenntnis zu setzen. |
(12) | Kann jedoch das Gericht über die Übergabe der gesuchten Person nicht einmal in einer nach Absatz 11 verlängerten Nachfrist entscheiden, ist von diesem Umstand das zuständige Organ des Ausstellungsstaates und Eurojust in Kenntnis zu setzen. Eurojust ist mittels des nationalen Mitglieds von Eurojust zu informieren. Über die Übergabe ist unverzüglich nach Wegfall des Hindernisses, der sich der Entscheidung entgegenstellt, zu entscheiden. |